tagebuch





eine Auswahl





18.1.2018
straußberger platz 
 
es spricht mich ein rentner an.
was stellt das dar?
klebestreifen die aneinander gereiht abstrakte formen ergeben.
ich sehe im ersten fenster einen vogelschwarm....
doch leider ist die karl-marx-allee nicht belebt, sodaß nur wenige die CUTS sehen werden. alle läden sind zu schick und haben nichts mit den menschen, die hier wohnen zu tun. lange hält sich hier nichts. es gibt leerstand.
weiter unten ist die bar babette. die wird es vielleicht bald nicht mehr geben. sie können eine petition unterschreiben. 
kein interesse. das sollen die jungen machen!


16.1. 2018
glinkastraße


nach einer woche will ich an dem Cut in der glinkastraße noch weiterarbeiten. 
nach zähfließendem Verkehr in der Friedrichstraße biege ich meinem cutmobil rechts in die ginkasraße. ein feuerwehrfahrzeug steht mitten auf der straße.
eine frau mit kampfhund schaut mich erwartungsvoll an, als ich einen moment gezögert habe. ich zeige auf das feuerwehrauto. sie versteht mich nicht und überquert vorsichtshalber die straße hinter meinem auto. man weiß ja nie...
ich wende und fahre in die nächste straße rechts und dann sehe ich einen müllwagen. ich muss erneut drehen und mache einen umweg. endlich angekommen fährt der feuerwehrwagen gerade davon und ich könnte loslegen. doch es wird in dem leerstehenden haus ein film gedreht und die stelle an der ich den Cut angebracht habe ist weiträumig abgesperrt.

es besteht einsturzgefahr klärt mir jemand vom filmteam auf. ich überwinde die absperrung trotzdem und beginne mit einem etwas mulmigen gefühl.





2.1.2018
brunnenstraße kaufhaus jahn 
 

heute war ich als experte für leerstand gefragt.

eine künstlerin fragt nach leerstehenden räumen für ihr projekt. ich habe ihr eine mail gesendet mit straßennamen von leerstehenden ladenlokalen und einen link meines blogs wegen aktuellem leerstand.


3.1.2018
brunnenstraße kaufhaus jahn
eine künstlerin mit pelzmütze ist ganz erstaunt mich zu treffen. sie wollte gerade einem freund ein foto von meiner arbeit senden. uncredible. sie kommt aus rumänien und ist in frankreich aufgewachsen. In marseille möchte sie nächstes jahr eine ausstellung interventionen veranstalten, ob ich auch lust hätte? später nach austausch der kontaktdaten schreibt sie mir über instagram ob sie nach ihrem frankreichaufenthalt mich in meinem atelier besuchen kann. gerne. mal sehen ob es dazu kommt.

dann kommt ein amerikanisches ehepaar auf mich zu.

eine frau von der seelsorge bietet mir die schaufenster bei ihnen in der torstraße an. Sie bleibt mit dem ehepaar zusammen da als der hausmeister dazu kommt. er zieht schon von innen den mundwinkel demonstrativ nach unten, als er aber nach draußen ans schaufenster kommt und von der kleinen gruppe umgeben ist lässt er sich umstimmen.

ich gebe ihm meine letzte karte und verspreche ihm die CUTS abzunehmen, wenn notwendig. das ist o.k. für ihn.


28.12. 2017
dortmund nahe des hauptbahnhofes

es kommt eine architektin mit ihrem sohn zu mir. wir reden über gentrifizierung auch in düsseldorf, über politisches engagement... sie selbst arbeitet schon lange in einer behörde. (das ist zäh.) den sohn interessiert mein material.


ein junger typ, zurückhaltend, will erfahren, ob ich das im auftrag mache. ich verneine und er erzählt mir von einer 8 Jahre alten kreidezeichnung von ihm unter einer brücke irgendwo in dortmund.

meine längste unterhaltung wird zur begegnung. 
mann ca. 45 jahre alt:
...ist türkischer herkunft und lebt schon lange in dortmund. seit 3 monaten ist er ohne eigenen wohnsitz und lebt bei der mutter. er ist vater von zwei söhnen (9 und 11 Jahre alt), die er nach der scheidung 1mal pro monat sehen darf. aus diesem grund lebt er in dortmund. er war handwerker und hat viele ladenlokale in dortmund gebaut. Jetzt hat er rückenbeschwerden.

zuerst beobachte ich ihn, wie er mit mantel, mütze und silberner sonnenbrille getarnt an mir vorbei geht und gezielt zu seinem gewohnten platz mit blick auf den hauptbahnhof. in seiner manteltasche hat er eine rotweinflasche und er raucht sich eine zigarette. dann geht er wieder. nachmittags kommt er nochmal. ich spreche ihn an, ob er wisse wie die straße heißt.

wir kommen ins gespräch. es fällt ihm schwer mit seiner jetzigen lebenssituation klarzukommen. die trennung von seinen söhnen war ein weltuntergang für ihn. er erzählt mir von buddhistischen lebensweisheiten und das er in berlin eine haft antreten soll, weil er irgendein bußgeld nicht gezahlt hat. Ihm fehle die kraft das zu regeln.

als ich gehe schickt er mich in den nahegelegenen fußballfanclub, damit ich das ladenlokal sehe, was er gebaut hat. ich bin beindruckt. mit daumen nach oben signalisiere ich ihm das. wir winken uns zu und ich gehe zum parkhaus.




ende november kreuzberg 2017

Auf der suche nach einem leerstehenden ladenlokal werde ich im auto fahrend herangwewunken. ich parke ein, steige aus. ob ich die künstlerin bin, die die schönen tapes an den schaufenstern macht. sie haben auch fotos gemacht. ich frage ob sie sie mir schicken können. wir tauschen kontaktadressen aus.


20. 11. 2017
ehemalige karl-marx-buchhandlung 

erst habe ich in der frankfurter allee das ehemalige lighthouse bekleben wollen. da waren jedoch arbeiter am werk. ich habe sie gefragt, ob es o.k. ist, wenn ich dort die fenster beklebe. sie schickten mich zur hausverwaltung gegenüber. die waren jedoch nicht einverstanden.

also habe ich mir dann den leerstehenden teil der ehemaligen Karl-Marx-Buchhandlung vorgenommen, welche sicher von der selben hausverwaltung betreut wird. aber das war ja nicht verboten.

gegen ende kommt ein mann aus der buchhandlung. er ist fasziniert. es kommen ins  gespräch. er erzählte mir dass er ingenieur ist aber auch komponiere und male und wie er seine Fachtexte geschickt in Zeitungen weltweit verbreite. bevor er fuhr haben wir unsere karten ausgetauscht.





am alex im november 2017

beim kleben hat mich ein mann angesprochen. er ist aus lichtenberg gekommen um einen Cut zu sehen. ich hatte das foto gestern auf instagram gepostet. heute habe ich einen zweiten Cut dort an der frontseite angebracht. wir kommen ins gespräch. er ist zurückhaltend. als ich ihn frage ob er auch künstler ist, sagte er er ist fotograf und nannte mir seinen vornamen. da habe ich noch nicht geschaltet. erst zu hause wusste ich wem ich begegnet war. schön. reales gegenüber eines instagram posters.




23.7. 17
drontheimer straße 




ich habe in wedding ein schaufenster direkt vor einer bushaltestelle beklebt. ein unort. wirklich hässlich und laut. gegen ende spricht mich jemand mit anerkanischen akzent an.  als er mein beklebtes auto und die vielen streifen darin sieht, bietet mir promt das schaufenster seines ateliers/ projektraums another vacant space an. o.k. Ich freu mich.er stellt sich vor und erzählt, dass er zusammen mit seinem freund in venice auf der biennale ausstellt. dann bist du berühmt sage ich schmunzelnd.



wir sind per mail in kontakt. Als er ist mit seinem freund d.m in venedig auf der biennale ist, denke ich ist ein guter zeitpunkt, wo ich nicht störe.

doch als ich starten möchte, sehe ich ihn als er den laden betritt. oh. etwas schüchtern spreche ich ihn an. er ist erstmal zuhause geblieben mit seinem freund, da er krank sei. er bittet mich herein. ich will nicht stören. er stellt mich einem älteren herrn vor. er sieht so zart aus und ist sehr freundlich. er weiß, wer ich bin und sagt die frau, die die schönen klebeinterventionen macht. das geht runter wie Butter.
ich soll später noch mal rein kommen er möchte mir sein zeichentagebuch zeigen. ich bin gerührt. er ist so neugierig auf andere. das ist schön. in guter stimmung beginne ich mit der arbeit. als ich fertig bin, klopfe ich noch mal. a. ist alleine. d.m. ist oben und ruht sich aus.

ich verabschiede mich und wünsche gute besserung. a. macht ein paar fotos und setzt sie auf Iinstagram und facebook. wir sind darüber auch jetzt noch verbindung und ich sehe die fotos von der wunderbaren arbeit in venedig.



                       









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